Hallo Du,
es ist schon etwas her, dass wir uns gesprochen haben. Im Moment bin ich nach einer kurzen Pause erneut als Segellehrer unterwegs. Diesmal auf Mallorca. Aber auch diese Zeit neigt sich bereits dem Ende entgegen. Abschließen werde ich diese Episode mit einer Überführung der Spirit, der Bavaria 44, auf der ich im Moment lebe, von Palma nach Málaga.
Rocinante ist weiterhin auf Ihrem Weg in Richtung großer Sprung über den großen Teich, auch wenn es noch etwas hin ist. Im Moment befinden sich die Fünf auf Fuerteventura und insbesondere Susanna schreibt fleißig Berichte über ihre Erlebnisse.
Ich schulde Dir noch einen Bericht über unsere Zeit in der Bretagne, meine einhand Segelerfahrung von Brest nach Terceira, Azoren und unserer Reise von den Azoren zurück nach kontinental Portugal.
Schau Dir auch schon Mal die Törns im nächsten Jahr an.
Hier also die Bretagne: St. Malo nach Brest
Die bretonische Küste, rau und im Mai morgens noch in leichtem Nebel, ist wunderschön. So viel schon mal vorab.
Wir erwarteten kühle und auch regnerische Tage und dementsprechend wurde auch unsere Kleidung geplant. In dieser Hinsicht enttäuschte uns das Wetter jedoch und die Regenkleidung kam (fast) nicht zum Einsatz. Morgens noch kühl und auch am Abend nach Sonnenuntergang recht frisch standen uns sonnige, fast sommerliche Segeltage, mit fantastischem Wind bevor.
Insgesamt hatten wir uns ca. 160 sm vorgenommen, um am folgenden Freitag in Brest anzukommen. Kleinere Tagesetappen, immer unter Berücksichtigung der Strömung ausgelöst durch die, nach wie vor kräftige, Tide von bis zu 10 m, sollten uns an den westlichsten Punkt der Bretagne führen.
Rocinante war nach der Kanalinsel Exkursion weiterhin in einem sehr guten Zustand und ich kannte so langsam einfach jede Schraube und jeden cm Holz, Plastik, Metall. Wir beide waren (und sind natürlich) ein sehr gutes Team und das Leben auf meinem Schiff fühlte sich wahnsinnig gut an.
Unser erster Hafen nach der Abfahrt von St. Malo, war Saint Cast. Eine sehr kurze Etappe, um etwas warm zu werden und die neue Crew an Rocinante zu gewöhnen. Der Ort Saint-Cast-le-Guildo ist von der Marina über einen Betonsteg zu erreichen, der uns auch bei Hochwasser trockene Füße bewahrte. Ca. 15 Minuten brauchten wir in den kleinen Strandort. Etwas erinnerte der Ort mich an Belgien. Eine Strandpromenade und eine zweite Häuserreihe, das wars. Auch die Supermarktauswahl war etwas ernüchternd. Positiv überrascht hat uns der Segelladen/Andenkenshop, der meiner Crew günstige Segelschuhe in guter Qualität bescherte.
Die nächste Etappe nach Saint-Quay-Portrieux wurde ein gemütlicher und ereignisloser Segel Tag. Also ziemlich genau so, wie Segeln sein soll. Ereignislos bis zur Langeweile. Auch die Marina von Saint-Quay-Portrieux passte dazu, da sie eben auch genau das war. Gut organisiert, freundlich aber langweilig. Etwas hässlich dazu, aber das haben leider alle Marinas in starken Tidenrevieren an sich, da sie enorm sein müssen. Insbesondere bei Niedrigwasser sehen sie einfach krass aus. Steinwälle, 20m, grün mit Algen und Muscheln bewachsen, schaut man an ihnen hoch. Der Sonnenuntergang weit dahinter. Weg. Natürlich machten wir uns einen gemütlichen Abend auf Roci. Kochten uns was leckeres und gingen zeitig ins Bett, denn die Gezeiten scherten sich nicht darum, ob wir Urlaub hatten oder nicht.
Das etwas leidige Thema Gezeiten zwang uns dann auch am nächsten Tag früh raus, da wir uns eine längere Etappe nach Roscoff vorgenommen hatten. Bei einer solchen Distanz, von fast 60 Sm konnten wir die Strecke nicht mit einem ablaufenden Wasser schaffen und würden das einlaufende Hochwasser wieder gegen uns haben, was bei bis zu 3kn Strom gegen an eine ziemliche Entschleunigung bedeuten würde.
Auf alles vorbereitet gingen wir also die Etappe an. Der Tag versprach schön zu werden und die Stimmung war extrem gut. Lord Hyva, die Windfahnensteuerung von Roci, übernahm das Ruder und wir konnten die tolle Landschaft genießen. Die Ile de Brehat flog vorbei und wir konnten schon bald nach Westen abdrehen. Und es lief. Und lief. Und lief. Die Strömung drückte uns nach Westen und der erwartete Winddreher ließ zum Glück auf sich warten. Glücklich quatschend rasten wir auf unser Ziel zu und es wurde realistisch nach 8 Stunden, bereits am frühen Nachmittag in Roscoff anzukommen. Also fast innerhalb der Ebbe. Der Wind nahm noch etwas zu und drehte leider doch noch, aber da waren wir schon fast da. Leider erwischten uns direkt vor dem Hafen noch ein paar 30+ Böen und das auch noch genau beim Segelbergen. So war der Preis für diesen wahnsinnig guten Segel Tag, ein abgerissener UV Schutz im Vorsegel. Solltest Du einmal in die Marina in Roscoff gehen wollen, pass auf jeden Fall auf die Strömung im Hafen auf. Die ist echt heftig und je nach Wasserstand auch nicht ungefährlich. Nach einem dementsprechend aufregenden Anlegemanöver konnten wir erstmal durchatmen.
Eine kurze Recherche, danke fucking Google, ergab, dass es eine Segelmacherei in unmittelbarer Nähe zur Marina gab. Vorsegel runter, zusammenlegen und zum Segelmacher schleppen. Die sind dermaßen cool und versprechen mir das Problem bis zum nächsten Morgen gelöst zu haben. Somit stand der restliche Tag der Erkundung der Gegend zur Verfügung. Leider liegt die Marina in einem quasi Industriehafengebiet und etwas abseits des eigentlichen Ortes. Was für die Menschen in Roscoff sehr schön ist, war für uns Spezialisten, die auch noch einiges an Getränken und Nahrungsmittel besorgen mussten, natürlich eher unpraktisch. Der ca. 20minütige Weg nach Roscoff erwies sich aber sowohl als ausgesprochen hübsch als auch für uns Pfeifen mit Getränken auf den Rückweg als machbar. Roscoff liegt an der vorgelagerten Ile de Batz und scheint über ein sowohl mildes als auch feuchtes Klima zu verfügen. Überall wuchsen Rosen, Palmenartige Bäume, dickblättrige Pflanzen und Sukkulenten.
Roscoff selbst ist (Achtung!), mein Lieblingswort in der Beschreibung von Dörfern, pittoresk. Grob behauene Naturstein Häuser und schmale Straßen. Ein kleiner Hafen für die einheimischen Fischer, bewehrt mit uralten Kanonen, auf die Durchfahrt zwischen Roscoff und der Ile de Brehat gerichtet. Mitten im Ort ein Leuchtfeuer, den Hafen überragend. Irgendwie kann man sich hier richtig gut in eine alte Zeit der Seefahrt, der Piraterie und Eroberung zurückversetzen.
Ein erneut ausgesprochener gemütlicher Abend auf Roci folgte, auch weil Roscoff dermaßen verschlafen ist, dass wir uns gar nicht erst getraut haben nach einem Restaurant für den Abend zu suchen. Es war aber auch noch Vorsaison. Das muss natürlich dazu gesagt werden.
Als vorletztes Ziel zwischen St. Malo und Brest hatten wir uns den Ort Aberwrac’H ausgesucht. Auf dem Weg dorthin durchquerten wir, die nur bei Hochwasser befahrbare Enge zwischen Roscoff und der Ile de Batz, die wir am Abend zuvor von Land aus bereits gesehen hatten. Ein aufregendes Unterfangen. Es war eng und flach und sich auf das GPS und die Seezeichen zu verlassen, wenn das Echolot fällt und fällt, ist nicht ganz einfach und hat mich einige Nerven gekostet. Unmittelbar vor uns hatte sich ein Schiff für eine Route entschieden, die im Gegensatz zu den Seezeichen stand und zu einem hektischen 180 Grad Turn, kurz vor Flachwasser, führte. Von da an folgten sie uns, was mir gar nicht so recht war. Schließlich kannte ich mich ja auch nicht aus. Trotz des etwas schlechteren Wetters hatten wir viel Spaß auf unserem Weg. Die Küste wurde noch wilder. Immer wieder Felsen weit im Wasser, an denen sich die Atlantikwelle mit Getöse und viel Weißwasser brach. Beeindruckend, sehr! Die Tagesetappe war nicht sehr lang und schon bald kam die Einfahrt nach Aberwrac’H in Sicht, was noch einmal aufregend war. Erstens gab es eine schmale und flache Einfahrt und eine etwas längere, auf den ersten Blick sichere, die wir auch wählten. Die Entscheidung musste trotzdem getroffen werden. Zweitens, weil, wie gesagt, 2m Atlantikwelle anrollten und sich im flacheren Wasser auftürmten und teilweise an der Lip bereits brachen. Ein erneutes Abenteuer. Rückblickend muss ich sagen, dass es sehr unspektakulär war. Sobald man der Einfahrt näher kam wurde die Welle durch Felsen gebrochen und abgelenkt und es wurde sehr schnell sehr ruhig. Die Einfahrt ist dann toll. Eine große Bucht mit türkisenem Wasser an Backbord und dann zieht sich das Wasser in einem langen links Bogen flussartig bis zu dem Örtchen samt kleiner Marina. Hinter der Marina liegt ein lagunenartiges Gebiet in dem die Marina Muringbojen installiert hat an die wir auch gehen konnten. Da die Marina super voll war, wir nichts von Land brauchten, und uns selbst genügten, legten wir an einer der Bojen an. Diese Muringbojen sind, egal wo auf der Welt, immer wieder toll. Ein Freiheitsgefühl wie beim Ankern und die Sicherheit einer (hoffentlich professionell) verankerten, quasi Hafenartigen Boje. Eine weitere gemütliche Nacht folgte.
Schweren Herzens machten wir uns am nächsten Tag auf die letzte Etappe nach Brest. Gerne hätte ich noch mehr Zeit hier in Aberwrac’H, aber auch in den anderen schwer zu erreichenden kleinen bretonischen Orten verbracht. Die Liste der Regionen und Orte an die ich mit dem Schiff mit mehr Zeit zurückkommen möchte wird immer länger.
Das Wetter ließ uns nicht im Stich, nur der Wind. So mussten wir zum Schluss doch noch einmal den Motor anwerfen. Bis dahin war er quasi arbeitslos. In strahlendem Sonnenschein passierten wir die Roches de Portsall, passierten die Inselgruppe der Ile de Beniguet, Molene und Quement, vorgelagert vor dem westlichen Punkt der Bretagne und bogen in die Rade de Brest ein. Begleitet wurden wir zu diesem großen Marinestützpunkt von einem riesigen Atom-U-Boot und bezeichnenderweise von einem U-Boot Jäger. Glücklicherweise von derselben Armee, der französischen. Nur noch wenige Seemeilen bis zur Marina du Chateau, die recht schön, unterhalb der beeindruckenden Festungsanlage von Brest, liegt. Noch ein Anlegemanöver und wir waren an unserem Ziel angekommen.
Die Bretagne hat sich für uns schick gemacht. Im Mai ist das nicht selbstverständlich und wir wissen das sehr zu schätzen. Andere Berichte zeichnen ein ganz anderes Bild. Ein Wiederkommen ist fest geplant nur das „Wann“ ist leider noch nicht klar. Danke!
Ich hoffe es hat Dir erneut Spaß gemacht einen Teil unserer kleinen Reise auf diesem Wege gemeinsam mit uns zu erleben.